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  1. Roman "Am Ende wartet das Leben (2004)"  

Engelsdorfer Verlag ISBN 3-938288-39-6
Preis: 9,95 €
Falls nicht mehr lieferbar, Restexemplare beim Autor erhältlich (E-Mail)

Klappentext:
Durch einen mysteriösen Unfall verlieren Jens und Sarina ihr Leben.Stille, absolute Stille panisches Entsetzen, ich bin ein körperliches Nichts, treibe in einem Schwarm von Lichtbläschen durch einen tiefschwarzen Raum. Bin ich selbst so ein leuchtender Punkt, bist du Schary eines dieser Lichter?
In einer packenden Sience-Fiction Story führt uns der Autor in die Welt hinter der Schwelle des Todes. Erfahren Sie, dass Liebe mehr sein kann, als das innige Spiel zweier vergänglicher Köper. Wenn Sie schon immer wissen wollten, was außerhalb unserer realen Welt existiert und welchen Sinn unser Leben im Reigen des Universums haben könnte, dieser Roman gibt Ihnen eine fantastische Antwort darauf.

 
 
Expose:
 
 
Man schreibt das Jahr 2010 als durch einen Meteoriteneinschlag zwei Menschen auf der Fahrt in ein gemeinsames Wochenende auf tragische Weise ums Leben kommen. Auf ihrer Reise ins Jenseits werden sie getrennt und erleben jeder auf seine Weise den Weg ihrer Seelen in die höhere Ebene. Jens Voss ein Kommunikationswissenschaftler erwacht in einem Androidenkörper zu neuem Leben und lernt den kosmischen Erntearbeiter Arno kennen. Von ihm erfährt er die Zusammenhänge des Werden und Vergehens der Lebewesen in der niederen Ebene und deren Bedeutung für die hohen Mächte. Nach einer dramatischen Suche und Rettungsaktion der Seele seiner mit ihm ums Leben gekommenen Partnerin Sarina Dunham, bricht Jens mit einigen Freunden auf zum Wurmloch, der Pforte in die höheren Ebenen. Fiola, die Herrscherin des Wächtervolkes eröffnet ihm, das er ein Bote der weißen Königin ist und das Geistkollektiv der Erde auf seinem Weg durch das Wurmloch begleiten soll. Dort in den höheren Ebenen tobt seit ewigen Zeiten ein Kampf um die Vorherrschaft im Lande Morth. Die schwarze Phalanx um König Blackheart versucht mit allen Mitteln die Dominanz der weißen Seite zu brechen. In einem kosmischen Schachduell versuchen beide Mächte mit Hilfe von Protagonisten der niederen Ebene auf räumlich und zeitlich unterschiedlichen Spielfeldern die Machtwaage zum Ausschlag zu bringen und so eine Siegesblume im Garten des Hüters zum Blühen zu bringen. Der Hüter über alle Ebenen selbst ist in Sorge, weil die Blumen im Garten der Ewigkeit zu welken beginnen. Er schickt seine Helfer aus, die Ursache zu finden und Abhilfe zu schaffen. Jens und seine Gefährten werden in den Strudel kosmischer Ereignisse gezogen und erleben den überraschenden Ausgang eines der kosmischen Duelle in den höheren Ebenen mit. Für den Moment scheint der Frieden im Lande Morth gesichert und eine neue Blume ist im Garten des Hüters aufgeblüht, doch es ist zu befürchten, dass diese Ruhe nicht von Dauer ist und die Hochzeitsreise von Jens und Sarina zu den Sternen nicht allzulange währen wird.
 
 
 
 
 
Leseprobe:
Im Banne Siras:
Sarina hatte ähnlich wie Jens die letzten Sekunden ihres Lebens in einer Art Superzeitlupe erlebt und vergeblich versucht, seine ausgestreckte Hand zu erreichen oder ihm ein letztes Wort zuzurufen. Ihr Körper schien wie in einem Zeitbrei festgeklebt zu sein, bis er mit einem wuchtigen Schlag in unzählige Splitter zerstäubt wurde, die als glimmender Nebel in den schwarzen Nachthimmel aufstiegen. Vom Flug zum Asteroiden bekam sie nichts mit, so stark war der alles auslöschende Schock gewesen. Ihr Bewusstsein weigerte sich, jemals wieder zu denken. Erst als lange Zeit absolute Stille herrschte, erwachte es wieder. Vorsichtig tastete sie mit ihren geistigen Sinnen die nähere Umgebung ab, nahm aber nur schwache Reflexionen wahr. Sie schien in einem kleinen, mit milchigem Nebel ausgefüllten Raum zu schweben. Ihr Gefühl sagte ihr, dass sie sich nicht allein in dieser unwirklichen Sphäre befand und schließlich sah sie mit ihren geistigen Fühlern schemenhafte Bewegungen in den Nebelkammern um sich herum. Allmählich glaubte sie auch ein Raunen zu vernehmen, aus dem sie aber keine verständlichen Inhalte herausfiltern konnte.
„Jens, Liebster“, brach es erst zaghaft, dann immer stärker aus ihr heraus. „Kannst du mich hören? Bitte antworte mir.“ Doch je mehr sie rief, flehte, schrie, umso stiller wurde es ringsherum. Nach einer langen Pause vernahm sie wieder dieses leise Raunen und es gelang ihr endlich, eine Art Botschaft darin zu erkennen:
Kommt meine Bienen, kommt
bringt eueren Nektar zum Altar
lasst allen Ballast zurück
geht ein in die Ewigkeit
werdet eins mit mir
Das also ist das Leben nach dem Tod, überlegte sie, kam aber zu dem Schluss, dass dies wahrscheinlich nur eine Übergangsphase war. Lediglich als Bewusstsein in dieser tristen Umgebung zu existieren, konnte wohl kaum der Sinn einer übernatürlichen Existenz sein.
Wo und vor allem wie existiere ich denn überhaupt, fragte sie sich. Sie befand sich in einer sechseckigen Kammer, in der ein diffuses Licht herrschte.
Es ist eine Art Bienenwabe, dämmerte es langsam in ihrem Gehirn. Ich bin wohl in einem ungeborenen Wesen gelandet, das selber noch kein Bewusstsein entwickelt hat. Ich existiere also im Gehirn eines Embryos, stellte sie schließlich fest. Sie fasste wieder Mut. Wenn es sie nach wie vor gab, dann könnte doch auch Jens hier irgendwo sein.
Ich muss mich besser orientieren und versuchen, ihn unter allen Umständen aufzuspüren, spornte sie sich an. Von diesem Gedanken beseelt, streckte sie ihre geistigen Fühler bewusster aus und erkundete die Umgebung noch einmal genauer. Erst hatte sie Schwierigkeiten, den undeutlichen Schemen reale Formen zuzuordnen, je länger sie aber durch die Stollen und Schächte in ihrer unmittelbaren Nähe streifte, desto mehr formte sich in ihr das Bild einer unterirdischen Höhlenlandschaft.
Bin ich in der Hölle oder im Fegefeuer gelandet? Schnell verwarf sie diese Kindheitsvorstellung. Nicht weil hier keine Höllentemperaturen herrschten – sie spürte in ihrer derzeitigen Existenzform sowieso nichts real, weder Luft noch Wärme oder Kälte – sondern, weil es sich bei diesem reinigenden Feuer, wenn überhaupt, nur um einen geistigen Prozess handeln konnte. Ihren Aufenthaltsort machte sie bald als Teil eines riesigen turmartigen Gebilde aus. Der pyramidenförmige Bau befand sich wiederum in einer Höhle, an deren Kuppeldecke ein eigenartiges Licht waberte. Von dort oben schienen auch die Lockrufe zu kommen, die sie bereits vernommen hatte. Plötzlich nahm sie Bewegungen in der Höhle wahr und stellte deshalb ihre Überlegungen vorerst zurück. Tatsächlich, dort krabbelte etwas, sogar mehrere käferähnliche Kreaturen liefen den Turm hoch und hinunter. Sie trugen dabei Waben auf ihrem Rücken, die sie in jenen einsetzten.
Die kleinen Wesen scheinen so etwas wie himmlische Bauarbeiter zu sein, kam ihr in den Sinn und zum ersten Mal seit ihrem Erwachen in dieser unwirklichen Umgebung spürte Sarina eine leichte Heiterkeit. Sie waren einfach zu putzig, diese kleinen laufenden Walzen. Gerade purzelte wieder eine aus dem Höhlenzugang und landete auf dem Rücken. Mit grotesk anmutenden Schaukelbewegungen versuchte sie, wieder auf die Beine zu kommen. Dieser Anflug von Freude hielt aber nicht lange an, zu groß war noch der Todesschock und der Schmerz, den sie bei jedem Gedanken an Jens verspürte. Die Ausflüge in ihre Umgebung brachten nur wenig Abwechslung in ihr karges Dasein, neben dem Treiben der Käfer gab es nichts Interessantes mehr zu entdecken, außerhalb des Höhlensystems gab es nur Felsgestein. Dafür hörte sie in letzter Zeit immer intensiver die Lockrufe aus dem Lichtportal an der Höhlenkuppel.
Kommt meine Bienen, kommt
bringt eueren Nektar zum Altar
lasst allen Ballast zurück
geht ein in die Ewigkeit
werdet eins mit mir
Sarina spürte instinktiv, dort oben war das Ziel ihrer Reise, hinter dieser Lichtschleuse
wartete die Ewigkeit darauf, sie aufzunehmen. Sie ahnte jedoch auch, dass mit dem Zurücklassen des Ballastes ebenso der Verlust der Erinnerung an ihr irdisches Leben und damit auch an Jens verbunden sein würde. Nein, diese wollte sie niemals aufgeben und sie flüchtete sich immer öfter in ihren Lieblingstraum, der sie in die kleine Radarstation auf dem Mount Kelly entführte.
 

Engelsdorfer Verlag ISBN 3-938288-39-6
Preis: 9,95 €
Falls nicht mehr lieferbar, Restexemplare beim Autor erhältlich (E-Mail)

Klappentext:
Durch einen mysteriösen Unfall verlieren Jens und Sarina ihr Leben.Stille, absolute Stille panisches Entsetzen, ich bin ein körperliches Nichts, treibe in einem Schwarm von Lichtbläschen durch einen tiefschwarzen Raum. Bin ich selbst so ein leuchtender Punkt, bist du Schary eines dieser Lichter?
In einer packenden Sience-Fiction Story führt uns der Autor in die Welt hinter der Schwelle des Todes. Erfahren Sie, dass Liebe mehr sein kann, als das innige Spiel zweier vergänglicher Köper. Wenn Sie schon immer wissen wollten, was außerhalb unserer realen Welt existiert und welchen Sinn unser Leben im Reigen des Universums haben könnte, dieser Roman gibt Ihnen eine fantastische Antwort darauf.

 
 
Expose:
 
 
Man schreibt das Jahr 2010 als durch einen Meteoriteneinschlag zwei Menschen auf der Fahrt in ein gemeinsames Wochenende auf tragische Weise ums Leben kommen. Auf ihrer Reise ins Jenseits werden sie getrennt und erleben jeder auf seine Weise den Weg ihrer Seelen in die höhere Ebene. Jens Voss ein Kommunikationswissenschaftler erwacht in einem Androidenkörper zu neuem Leben und lernt den kosmischen Erntearbeiter Arno kennen. Von ihm erfährt er die Zusammenhänge des Werden und Vergehens der Lebewesen in der niederen Ebene und deren Bedeutung für die hohen Mächte. Nach einer dramatischen Suche und Rettungsaktion der Seele seiner mit ihm ums Leben gekommenen Partnerin Sarina Dunham, bricht Jens mit einigen Freunden auf zum Wurmloch, der Pforte in die höheren Ebenen. Fiola, die Herrscherin des Wächtervolkes eröffnet ihm, das er ein Bote der weißen Königin ist und das Geistkollektiv der Erde auf seinem Weg durch das Wurmloch begleiten soll. Dort in den höheren Ebenen tobt seit ewigen Zeiten ein Kampf um die Vorherrschaft im Lande Morth. Die schwarze Phalanx um König Blackheart versucht mit allen Mitteln die Dominanz der weißen Seite zu brechen. In einem kosmischen Schachduell versuchen beide Mächte mit Hilfe von Protagonisten der niederen Ebene auf räumlich und zeitlich unterschiedlichen Spielfeldern die Machtwaage zum Ausschlag zu bringen und so eine Siegesblume im Garten des Hüters zum Blühen zu bringen. Der Hüter über alle Ebenen selbst ist in Sorge, weil die Blumen im Garten der Ewigkeit zu welken beginnen. Er schickt seine Helfer aus, die Ursache zu finden und Abhilfe zu schaffen. Jens und seine Gefährten werden in den Strudel kosmischer Ereignisse gezogen und erleben den überraschenden Ausgang eines der kosmischen Duelle in den höheren Ebenen mit. Für den Moment scheint der Frieden im Lande Morth gesichert und eine neue Blume ist im Garten des Hüters aufgeblüht, doch es ist zu befürchten, dass diese Ruhe nicht von Dauer ist und die Hochzeitsreise von Jens und Sarina zu den Sternen nicht allzulange währen wird.
 
 
 
 
 
Leseprobe:
Im Banne Siras:
Sarina hatte ähnlich wie Jens die letzten Sekunden ihres Lebens in einer Art Superzeitlupe erlebt und vergeblich versucht, seine ausgestreckte Hand zu erreichen oder ihm ein letztes Wort zuzurufen. Ihr Körper schien wie in einem Zeitbrei festgeklebt zu sein, bis er mit einem wuchtigen Schlag in unzählige Splitter zerstäubt wurde, die als glimmender Nebel in den schwarzen Nachthimmel aufstiegen. Vom Flug zum Asteroiden bekam sie nichts mit, so stark war der alles auslöschende Schock gewesen. Ihr Bewusstsein weigerte sich, jemals wieder zu denken. Erst als lange Zeit absolute Stille herrschte, erwachte es wieder. Vorsichtig tastete sie mit ihren geistigen Sinnen die nähere Umgebung ab, nahm aber nur schwache Reflexionen wahr. Sie schien in einem kleinen, mit milchigem Nebel ausgefüllten Raum zu schweben. Ihr Gefühl sagte ihr, dass sie sich nicht allein in dieser unwirklichen Sphäre befand und schließlich sah sie mit ihren geistigen Fühlern schemenhafte Bewegungen in den Nebelkammern um sich herum. Allmählich glaubte sie auch ein Raunen zu vernehmen, aus dem sie aber keine verständlichen Inhalte herausfiltern konnte.
„Jens, Liebster“, brach es erst zaghaft, dann immer stärker aus ihr heraus. „Kannst du mich hören? Bitte antworte mir.“ Doch je mehr sie rief, flehte, schrie, umso stiller wurde es ringsherum. Nach einer langen Pause vernahm sie wieder dieses leise Raunen und es gelang ihr endlich, eine Art Botschaft darin zu erkennen:
Kommt meine Bienen, kommt
bringt eueren Nektar zum Altar
lasst allen Ballast zurück
geht ein in die Ewigkeit
werdet eins mit mir
Das also ist das Leben nach dem Tod, überlegte sie, kam aber zu dem Schluss, dass dies wahrscheinlich nur eine Übergangsphase war. Lediglich als Bewusstsein in dieser tristen Umgebung zu existieren, konnte wohl kaum der Sinn einer übernatürlichen Existenz sein.
Wo und vor allem wie existiere ich denn überhaupt, fragte sie sich. Sie befand sich in einer sechseckigen Kammer, in der ein diffuses Licht herrschte.
Es ist eine Art Bienenwabe, dämmerte es langsam in ihrem Gehirn. Ich bin wohl in einem ungeborenen Wesen gelandet, das selber noch kein Bewusstsein entwickelt hat. Ich existiere also im Gehirn eines Embryos, stellte sie schließlich fest. Sie fasste wieder Mut. Wenn es sie nach wie vor gab, dann könnte doch auch Jens hier irgendwo sein.
Ich muss mich besser orientieren und versuchen, ihn unter allen Umständen aufzuspüren, spornte sie sich an. Von diesem Gedanken beseelt, streckte sie ihre geistigen Fühler bewusster aus und erkundete die Umgebung noch einmal genauer. Erst hatte sie Schwierigkeiten, den undeutlichen Schemen reale Formen zuzuordnen, je länger sie aber durch die Stollen und Schächte in ihrer unmittelbaren Nähe streifte, desto mehr formte sich in ihr das Bild einer unterirdischen Höhlenlandschaft.
Bin ich in der Hölle oder im Fegefeuer gelandet? Schnell verwarf sie diese Kindheitsvorstellung. Nicht weil hier keine Höllentemperaturen herrschten – sie spürte in ihrer derzeitigen Existenzform sowieso nichts real, weder Luft noch Wärme oder Kälte – sondern, weil es sich bei diesem reinigenden Feuer, wenn überhaupt, nur um einen geistigen Prozess handeln konnte. Ihren Aufenthaltsort machte sie bald als Teil eines riesigen turmartigen Gebilde aus. Der pyramidenförmige Bau befand sich wiederum in einer Höhle, an deren Kuppeldecke ein eigenartiges Licht waberte. Von dort oben schienen auch die Lockrufe zu kommen, die sie bereits vernommen hatte. Plötzlich nahm sie Bewegungen in der Höhle wahr und stellte deshalb ihre Überlegungen vorerst zurück. Tatsächlich, dort krabbelte etwas, sogar mehrere käferähnliche Kreaturen liefen den Turm hoch und hinunter. Sie trugen dabei Waben auf ihrem Rücken, die sie in jenen einsetzten.
Die kleinen Wesen scheinen so etwas wie himmlische Bauarbeiter zu sein, kam ihr in den Sinn und zum ersten Mal seit ihrem Erwachen in dieser unwirklichen Umgebung spürte Sarina eine leichte Heiterkeit. Sie waren einfach zu putzig, diese kleinen laufenden Walzen. Gerade purzelte wieder eine aus dem Höhlenzugang und landete auf dem Rücken. Mit grotesk anmutenden Schaukelbewegungen versuchte sie, wieder auf die Beine zu kommen. Dieser Anflug von Freude hielt aber nicht lange an, zu groß war noch der Todesschock und der Schmerz, den sie bei jedem Gedanken an Jens verspürte. Die Ausflüge in ihre Umgebung brachten nur wenig Abwechslung in ihr karges Dasein, neben dem Treiben der Käfer gab es nichts Interessantes mehr zu entdecken, außerhalb des Höhlensystems gab es nur Felsgestein. Dafür hörte sie in letzter Zeit immer intensiver die Lockrufe aus dem Lichtportal an der Höhlenkuppel.
Kommt meine Bienen, kommt
bringt eueren Nektar zum Altar
lasst allen Ballast zurück
geht ein in die Ewigkeit
werdet eins mit mir
Sarina spürte instinktiv, dort oben war das Ziel ihrer Reise, hinter dieser Lichtschleuse
wartete die Ewigkeit darauf, sie aufzunehmen. Sie ahnte jedoch auch, dass mit dem Zurücklassen des Ballastes ebenso der Verlust der Erinnerung an ihr irdisches Leben und damit auch an Jens verbunden sein würde. Nein, diese wollte sie niemals aufgeben und sie flüchtete sich immer öfter in ihren Lieblingstraum, der sie in die kleine Radarstation auf dem Mount Kelly entführte.
 
  Kurzgeschichten  

Königskinder

 (Veröffentlicht in der Literaturzeitung "BeSchreibBar" 2. Jahrgang, Ausgabe 5 Juni 2005)

„Hallo, ich bin Katharina und gehe in neunte Klasse des Clavius-Gymnasiums in Bamberg. Wenn ich mir wünschen könnte welche Person der Geschichte ich gerne wäre, dann würde ich mich für Katharina die Große entscheiden. Mein Name wäre dann zwar nicht Neubauer sondern Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst, aber dafür würde mir die ganze Welt zu Füßen liegen. Jetzt du Hubert, wer wärst du gerne gewesen?“

„Ich, mein Gott, da gäbe es viele Persönlichkeiten von Marco Polo bis Albert Einstein. Damit ich aber standesgemäß zu dir passe, nehme ich eben Hubertus von Preussen, den dritten Sohn des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II.“

Die beiden waren schon ein außergewöhnliches Paar, wie sie so eng umschlungen auf einer Parkbank im alten Waldfriedhof saßen und wie zwei Verdürstende die letzten Sonnenstrahlen des brechenden Herbsttages tranken. Seufzend löste das blutjunge, gerade fünfzehnjährige Mädchen ihre Lippen vom Mund des wesentlich älteren Mannes an ihrer Seite. Ein unbefangener Beobachter hätte sie für Vater und Tochter halten können, die drängende Nähe ihrer Körper sprach allerdings mehr für ein Paar wie Herold und Maude allerdings in umgekehrter Konstellation. Doch der Eindruck eines, wenn auch fragwürdigen Liebesglückes, trog. Die in der Abendsonne glitzernden Perlen auf ihren Wangen kündeten eine traurige Botschaft. Hubert hatte sein von vielen intensiv gelebten Jahren geprägtes Gesicht tief in der schwarzen Lockenpracht Katharinas vergraben. Noch einmal stieg in seiner Erinnerung jener Juniabend empor, an dem sich ihre Wege auf so wundersame Weise gekreuzt hatten.

 

Das Sonnwendfest sollte in diesem Jahr mit einer Dichterlesung unter freiem Himmel begangen werden. Der lyrische Zirkel der Stadt hatte ihn Hubert Roggenfeld, als einen regional bekannten Lyriker, dazu eingeladen. Katharina war mehr zufällig anwesend, weil ihre ältere Schwester, die im sechsten Semester Literaturwissenschaften studierte, kurzfristig eine Begleitung benötigte. Sie hatte die Einladung auch nur wegen der Aussicht angenommen, im Anschluss daran vielleicht einen Abstecher ins Bauhaus, einer beliebten Disco, unternehmen zu können. Während die beiden jungen Frauen sich einen Platz unter den blühenden Kastanienbäumen suchten, bereitete sich Hubert wie immer akribisch auf seinen Auftritt vor. Es musste Vieles bedacht werden: Sind die Lichtverhältnisse ausreichend? Wenn nicht, benötigte er seine Lesebrille. Was sollte er anziehen? Welche seiner Werke passten zu dem Anlass? Gedankenversunken ging er schließlich den sandigen Uferweg entlang, der zur Parkanlage mit dem antiken Steinpavillon führte, wo die Veranstaltung stattfinden sollte.

Ich werde es wie die Amseln machen, beschloss er, die emsig pickend unter den Spireensträuchern herumliefen und nach Würmern suchten. Mein poetischer Spürsinn wird mich schon die richtigen Verse finden lassen. So gefasst stieg er die wenigen Stufen zur Podestfläche des Pavillons hinauf und begrüßte die bereits anwesenden Zirkelmitglieder mit Handschlag. „Na, heute mal wieder im Lederstrumpf-Outfit“, witzelte sein alter Freund Hans-Jürgen und spielte damit auf seine braune Wildlederjacke mit den langen Ärmelfransen an. „Klar“, erwiderte Hubert, „damit steche ich wenigsten etwas aus dem Lyriker-Einheitsschwarz hervor.“ Er setzte sich auf den Stuhl neben ihm und betrachtete das bereits gut gefüllte Halbrund der Zuschauer vor der Bühne. Im Publikum überwogen erwartungsgemäß die älteren Jahrgänge. Es war ein „who is who“ der ortsansässigen Bürgerschaft, die überwiegend nur ihren intellektuellen Status herausstellen wollten. Kein Wunder, dass Hubert die beiden Mädchen in ihren hellen Sommerkleidern sofort ins Auge stachen. Sie schienen sich ebenfalls über das affektierte Getue einiger Damen der Gesellschaft zu amüsieren. Jedenfalls tuschelten sie vielsagend hinter ihren Programmheftchen, die sie wie Fächer vor ihren Gesichtern bewegten. Hubert nahm sich vor, seinen Vortrag ganz der jungen Frau mit der schwarzen Lockenpracht zu widmen, deren klassischen Gesichtszüge ihn wie hypnotisiert anzogen. Als er mit seiner Darbietung an die Reihe kam, war die Sonne gerade hinter dem Grün der Baumkronen verschwunden und die in den Zweigen aufgehängten Lichterketten verbreiteten eine romantische Stimmung. Mit fester Stimme trug er zuerst einige Naturimpressionen vor, die zum äußerlichen Ambiente passten. Hatte er anfangs seinen Blick über das ganze Halbrund der Zuschauerbänke hin und her schweifen lassen, so konzentrierte er sich bei den nun folgenden Liebesversen ganz auf dieses eine faszinierende Mädchengesicht. Als er zu seinem erotischen Highlight ansetzte, schienen die lockenden Worte wie auf einem unsichtbar gespannten Seil zu dem leuchtenden Augenpaar in der Menge zu tanzen: 

Verführe mich

 

Zungenkuss
dränge auf
dich vor

Schmiegearm
wickle um
mich ein

Kosemund
sauge aus
dich fest

Hüftschwung
lege los
mich flach

 

Lange ließ er den letzten Laut ausklingen und sog mit einer tiefen Verbeugung den stürmischen Applaus des Publikums in seine leer gepumpte Lunge. Fast glaubte er, die jungfräuliche Erregung des Mädchens in der eingeatmeten Luft zu riechen. Mit einem breit gestreuten Lächeln zog er sich, noch schnell einige Handküsse verteilend, ins Halbdunkel zurück und ließ sich aufseufzend in seinen Stuhl fallen. Hans-Jürgen knuffte ihn kurz in die Seite und bemerkte mit schelmischer Miene: „Na, heute Abend scheint dich die Muse aber mal wieder sehr intensiv geküsst zu haben?“ Hubert antwortete nur mit einem Lächeln und schloss träumend die Augen.

In der Pause mischte er sich unauffällig unter die Zuschauer, die sich an einer seitlich aufgebauten Theke mit Getränken versorgten. Schnell hatte er den schwarzen Lockenkopf in der Warteschlange ausgemacht und stellte sich hinter der jungen Frau an. Als sie an die Reihe kam und etwas unschlüssig das Angebot an Getränken betrachtete, bemerkte er ganz nebenbei: „Den halbtrockenen Freixent könnte ich Ihnen empfehlen. Der ist prickelnd frisch und hat mir heute schon geholfen mein Lampenfieber zu überwinden.“ Katharina, die den groß gewachsenen Mann neben sich längst erkannt hatte, antwortete ebenso beiläufig: „Dann muss seine Wirkung gut sein, ich konnte jedenfalls keine Spur von Nervosität in ihrem Vortrag spüren, der mir übrigens sehr gut gefallen hat.“ Hubert hatte sich in der Zwischenzeit zwei Sektgläser geangelt und dem Kellner ein Zeichen gegeben sie auf ihn zu schreiben. Mit einer leichten Verbeugung reichte er seiner Gesprächspartnerin eines davon.

„Bitte machen Sie mir die Freude und stoßen mit mir auf diesen wundervollen Abend an“, sagte er mit einem freundlichen Lächeln. „Es kommt nicht oft vor, dass sich die Außen- und Innenwelt in einer so harmonischen Weise einander nähern.“ Katharina erwiderte unbefangen den Blick aus den im Lampionlicht geheimnisvoll schimmernden Augen. Spürte aber zugleich, wie eine Welle der Erregung heiß aus ihrem Bauch hochstieg, je länger sie in den bewundernden Blicken badete.

„Lassen Sie uns ein paar Schritte gehen“, unterbrach Hubert die knisternde Spannung und lud mit einer leichten Armbewegung dazu ein. Während sie nebeneinander den Weg unter den hohen Bäumen entlang schlenderten und begannen ein feines Netz von ersten Eindrücken zwischen den Gefühlsankern ihrer Herzen zu knüpfen, ging die Veranstaltung mit einer musikalischen Einlage weiter. Bald hatten sich ihre Hände gefunden und schwangen beim Gehen im Takt des Liebesthemas aus Romeo und Julia von Peter Tschaikowski, das vom Pavillon her, wie ein summender Nachtfalterschwarm, die Luft durchdrang. Als sie wieder beim Zuschauerplatz angekommen waren und sich etwas unschlüssig ansahen, begann Katharina mit flehender Stimme zu rezitieren: “Willst du schon gehen Romeo? Der Tag ist ja noch fern. Es war die Nachtigall und nicht die Lerche, die dein banges Ohr durchdrang? Hubert sah sie für einen Moment erstaunt an fuhr aber dann mit leicht erhobener Stimme fort: „Nein Julia, die Lerche war’s, die Tagverkünderin, nicht Philomele; sieh den neid’schen Streif, der dort im Ost der Frühe Wolken säumt. Die Nacht hat ihre Kerzen ausgebrannt, der muntre Tag erklimmt die dunstigen Höhn.“

Nach einem langen ernsten Blick küsste er galant ihre Hand und verabschiedete sich mit den Worten: „Es war ein außergewöhnliches Erlebnis Sie kennen lernen zu dürfen. Wenn Sie Mal wieder Lust haben Shakespeare zu geben, dann lassen Sie einfach etwas von sich hören.“ Noch bevor Katharina antworten konnte, drehte er sich um und verschwand mit schnellen Schritten im Dunkel des Parks. Während sie noch überlegte, ob der leichte Schwindel, der sie erfasst hatte, von dem gerade Erlebten oder dem Glas Freixenet herrührte, holte sie der Ruf ihrer Schwester wieder in die Realität zurück: „Wo warst du denn die ganze Zeit und wer war der Mann, in dessen Begleitung ich dich gerade noch gesehen habe?“

„Keine Sorge Schwesterherz“, erwiderte sie mit einem verträumten Lächeln, „es war nur die Muse, die mich ein wenig durch die romantische Nacht hat schweben lassen.“

 

Es dauerte mehr als drei Monate, bis an einem sonnigen Septembernachmittag die Glocke an Huberts Haustüre schellte. Als er öffnete und in die dunklen Augen seiner Sehnsucht blickte, war es wie das Aufgehen der Sonne über einem traumgefangen Land. Ohne Worte fielen sie sich in die Arme und küssten sich in eine Welt jenseits von Konventionen und Tabus. Katharina fegte wie ein Wirbelwind durch Huberts reifen Obstgarten und hielt erst inne, als alle Früchte geerntet waren. So oft sie konnten trafen sie sich fortan heimlich und versuchten ihr Glück zu bewahren. Doch am 19. Oktober, Huberts 70. Geburtstag, schlug das Schicksal unbarmherzig zu. Ein Racheengel in Gestalt von Katharinas Vater, einem gestandenen Oberstudiendirektor, stand plötzlich vor Huberts Tür und entriss Katharina seinen Armen: „Wenn ich Sie noch einmal in der Nähe meiner Tochter antreffe, verklage ich sie wegen Verführung Minderjähriger“, drohte er mit sich überschlagender Stimme und zog das sich verzweifelt sträubende Mädchen aus seiner Welt.

 

Ein paar Tage später gelang es Katharina noch einmal der elterlichen Fürsorge zu entfliehen, bevor sie in der Obhut eines Internats verbannt werden sollte. Nun saßen die beiden ein letztes Mal dicht aneinandergedrängt und nahmen Abschied.

„Wenn du möchtest reiße ich von zu Hause aus und wir fliehen ins Ausland, wo uns niemand findet“, schluchzte Katharina mit tränenerstickter Stimme. „Nein, liebste Julia, wir sollten das Schicksal nicht noch mehr herausfordern“, antwortete Hubert, um Fassung ringend. „Beende deine Schulausbildung und lebe deine Jugend. Wenn Du erwachsen bist und mich dann immer noch begehrst, steht dir meine Welt jederzeit offen. Schau, dort oben auf dem Berg steht das Krankenhaus mit der Entbindungsstation und hier unten im Tal liegen die Gräber im friedlichen Schlaf. Dazwischen liegt das Leben. Wir könnten davon nur den Anfang und das Ende miteinander verbringen, das Dazwischen würden wir nie erleben. Deshalb nimm dir die Zeit, damit du es nicht bereust.“

Als die Sonne hinter den Baumwipfeln versank, erlosch auch das Licht der Liebe für die Beiden. Katharina war von der Weigerung Huberts mit ihr zu fliehen so enttäuscht, dass sie lange Zeit alle Gefühle aus ihrem Herzen verbannte. Hubert selbst hasste sich für sein Zaudern und vergrub sich vollständig in seiner lyrischen Arbeit. 

 

Vier lange Jahre waren ins Land gegangen, bis Katharina die Pforten des Ursulinen Gymnasiums im fernen Straubing endgültig hinter sich lassen konnte. Oft hatte sie die Versuchung geplagt mit Hubert in Kontakt zu treten, was wäre schon dabei gewesen ihm einen Brief zu schreiben oder einfach anzurufen. Doch immer wieder sagte sie sich: Warte bis du wirklich frei bist und über dein Leben selbst entscheiden kannst. An einem für die Jahreszeit ungewöhnlich kühlen Augusttag machte sie sich schließlich auf und ging zu seinem Haus. Ein leichter Nieselregen wehte durch die kleine Vorortstraße und überzog die Bäume und Sträucher in den Gärten mit einem unwirklich glänzenden Hauch von Frieden. Als sie auf den Klingelknopf drückte, pochte ihr Herz fast unerträglich laut in ihren Schläfen. Es dauerte einige Zeit bis die Tür geöffnet wurde und eine ältere Dame freundlich nach ihrem Wunsch fragte. „Sie müssen Katharina sein“, sagte sie urplötzlich, bevor sich ihre Besucherin äußern konnte. „Bitte kommen Sie herein, Hubert hat mir etwas für Sie gegeben bevor er uns verlassen hat.“

„Verlassen?“, fragte Katharina und das Blut in ihren Adern schien zu gefrieren, „Sie wollen doch damit nicht sagen, dass er ist gestorben ist?“ Der mitleidvolle Ausdruck in den Augen ihres Gegenübers sprach Bände. „Er ist vor einem halben Jahr von uns geschieden und hat mir ein Geschenk für Sie dagelassen. Katharina nahm das kleine, in hellbraunes Papier gewickelte Päckchen zögernd entgegen und stand hilflos im Flur. Nach Minuten lähmenden Schweigens sagte die Frau schließlich: „Ich trauere auch um ihn. Wir waren fast zwanzig Jahre mit einander verheiratet bis wir uns als Freunde getrennt hatten. Ihre Liebe hat ihm sehr viel bedeutet und ihm bis zum Ende Kraft gegeben. Wenn Sie ihn besuchen wollen, sein Grab liegt im Waldfriedhof unter hohen Bäumen, so wie er es sich gewünscht hat.“

Katharinas Füße fanden den Weg zu der alten Grabanlage fast automatisch, denn hier war sie oft mit Hubert gewesen und hatte Zuflucht vor den spitzen Blicken der Gesellschaft gesucht. Als sie vor dem schwarzen Stein mit den goldenen Lettern seines Namens stand, wickelte sie das Päckchen aus und hielt einen kleinen Gedichtband in ihrer Hand. Königskinder, lautete der Titel und auf der ersten Seite stand in Huberts unverkennbar markanter Schrift: Für Katharina, die Königin meines Herzens bis zum Ende der Tage. Leise fielen Tropfen endloser Wehmut auf das weiße Papier und schufen kleine Trauerseen auf dem Vermächtnis ihrer Liebe.

 

 

Königskinder

 (Veröffentlicht in der Literaturzeitung "BeSchreibBar" 2. Jahrgang, Ausgabe 5 Juni 2005)

„Hallo, ich bin Katharina und gehe in neunte Klasse des Clavius-Gymnasiums in Bamberg. Wenn ich mir wünschen könnte welche Person der Geschichte ich gerne wäre, dann würde ich mich für Katharina die Große entscheiden. Mein Name wäre dann zwar nicht Neubauer sondern Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst, aber dafür würde mir die ganze Welt zu Füßen liegen. Jetzt du Hubert, wer wärst du gerne gewesen?“

„Ich, mein Gott, da gäbe es viele Persönlichkeiten von Marco Polo bis Albert Einstein. Damit ich aber standesgemäß zu dir passe, nehme ich eben Hubertus von Preussen, den dritten Sohn des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II.“

Die beiden waren schon ein außergewöhnliches Paar, wie sie so eng umschlungen auf einer Parkbank im alten Waldfriedhof saßen und wie zwei Verdürstende die letzten Sonnenstrahlen des brechenden Herbsttages tranken. Seufzend löste das blutjunge, gerade fünfzehnjährige Mädchen ihre Lippen vom Mund des wesentlich älteren Mannes an ihrer Seite. Ein unbefangener Beobachter hätte sie für Vater und Tochter halten können, die drängende Nähe ihrer Körper sprach allerdings mehr für ein Paar wie Herold und Maude allerdings in umgekehrter Konstellation. Doch der Eindruck eines, wenn auch fragwürdigen Liebesglückes, trog. Die in der Abendsonne glitzernden Perlen auf ihren Wangen kündeten eine traurige Botschaft. Hubert hatte sein von vielen intensiv gelebten Jahren geprägtes Gesicht tief in der schwarzen Lockenpracht Katharinas vergraben. Noch einmal stieg in seiner Erinnerung jener Juniabend empor, an dem sich ihre Wege auf so wundersame Weise gekreuzt hatten.

 

Das Sonnwendfest sollte in diesem Jahr mit einer Dichterlesung unter freiem Himmel begangen werden. Der lyrische Zirkel der Stadt hatte ihn Hubert Roggenfeld, als einen regional bekannten Lyriker, dazu eingeladen. Katharina war mehr zufällig anwesend, weil ihre ältere Schwester, die im sechsten Semester Literaturwissenschaften studierte, kurzfristig eine Begleitung benötigte. Sie hatte die Einladung auch nur wegen der Aussicht angenommen, im Anschluss daran vielleicht einen Abstecher ins Bauhaus, einer beliebten Disco, unternehmen zu können. Während die beiden jungen Frauen sich einen Platz unter den blühenden Kastanienbäumen suchten, bereitete sich Hubert wie immer akribisch auf seinen Auftritt vor. Es musste Vieles bedacht werden: Sind die Lichtverhältnisse ausreichend? Wenn nicht, benötigte er seine Lesebrille. Was sollte er anziehen? Welche seiner Werke passten zu dem Anlass? Gedankenversunken ging er schließlich den sandigen Uferweg entlang, der zur Parkanlage mit dem antiken Steinpavillon führte, wo die Veranstaltung stattfinden sollte.

Ich werde es wie die Amseln machen, beschloss er, die emsig pickend unter den Spireensträuchern herumliefen und nach Würmern suchten. Mein poetischer Spürsinn wird mich schon die richtigen Verse finden lassen. So gefasst stieg er die wenigen Stufen zur Podestfläche des Pavillons hinauf und begrüßte die bereits anwesenden Zirkelmitglieder mit Handschlag. „Na, heute mal wieder im Lederstrumpf-Outfit“, witzelte sein alter Freund Hans-Jürgen und spielte damit auf seine braune Wildlederjacke mit den langen Ärmelfransen an. „Klar“, erwiderte Hubert, „damit steche ich wenigsten etwas aus dem Lyriker-Einheitsschwarz hervor.“ Er setzte sich auf den Stuhl neben ihm und betrachtete das bereits gut gefüllte Halbrund der Zuschauer vor der Bühne. Im Publikum überwogen erwartungsgemäß die älteren Jahrgänge. Es war ein „who is who“ der ortsansässigen Bürgerschaft, die überwiegend nur ihren intellektuellen Status herausstellen wollten. Kein Wunder, dass Hubert die beiden Mädchen in ihren hellen Sommerkleidern sofort ins Auge stachen. Sie schienen sich ebenfalls über das affektierte Getue einiger Damen der Gesellschaft zu amüsieren. Jedenfalls tuschelten sie vielsagend hinter ihren Programmheftchen, die sie wie Fächer vor ihren Gesichtern bewegten. Hubert nahm sich vor, seinen Vortrag ganz der jungen Frau mit der schwarzen Lockenpracht zu widmen, deren klassischen Gesichtszüge ihn wie hypnotisiert anzogen. Als er mit seiner Darbietung an die Reihe kam, war die Sonne gerade hinter dem Grün der Baumkronen verschwunden und die in den Zweigen aufgehängten Lichterketten verbreiteten eine romantische Stimmung. Mit fester Stimme trug er zuerst einige Naturimpressionen vor, die zum äußerlichen Ambiente passten. Hatte er anfangs seinen Blick über das ganze Halbrund der Zuschauerbänke hin und her schweifen lassen, so konzentrierte er sich bei den nun folgenden Liebesversen ganz auf dieses eine faszinierende Mädchengesicht. Als er zu seinem erotischen Highlight ansetzte, schienen die lockenden Worte wie auf einem unsichtbar gespannten Seil zu dem leuchtenden Augenpaar in der Menge zu tanzen: 

Verführe mich

 

Zungenkuss
dränge auf
dich vor

Schmiegearm
wickle um
mich ein

Kosemund
sauge aus
dich fest

Hüftschwung
lege los
mich flach

 

Lange ließ er den letzten Laut ausklingen und sog mit einer tiefen Verbeugung den stürmischen Applaus des Publikums in seine leer gepumpte Lunge. Fast glaubte er, die jungfräuliche Erregung des Mädchens in der eingeatmeten Luft zu riechen. Mit einem breit gestreuten Lächeln zog er sich, noch schnell einige Handküsse verteilend, ins Halbdunkel zurück und ließ sich aufseufzend in seinen Stuhl fallen. Hans-Jürgen knuffte ihn kurz in die Seite und bemerkte mit schelmischer Miene: „Na, heute Abend scheint dich die Muse aber mal wieder sehr intensiv geküsst zu haben?“ Hubert antwortete nur mit einem Lächeln und schloss träumend die Augen.

In der Pause mischte er sich unauffällig unter die Zuschauer, die sich an einer seitlich aufgebauten Theke mit Getränken versorgten. Schnell hatte er den schwarzen Lockenkopf in der Warteschlange ausgemacht und stellte sich hinter der jungen Frau an. Als sie an die Reihe kam und etwas unschlüssig das Angebot an Getränken betrachtete, bemerkte er ganz nebenbei: „Den halbtrockenen Freixent könnte ich Ihnen empfehlen. Der ist prickelnd frisch und hat mir heute schon geholfen mein Lampenfieber zu überwinden.“ Katharina, die den groß gewachsenen Mann neben sich längst erkannt hatte, antwortete ebenso beiläufig: „Dann muss seine Wirkung gut sein, ich konnte jedenfalls keine Spur von Nervosität in ihrem Vortrag spüren, der mir übrigens sehr gut gefallen hat.“ Hubert hatte sich in der Zwischenzeit zwei Sektgläser geangelt und dem Kellner ein Zeichen gegeben sie auf ihn zu schreiben. Mit einer leichten Verbeugung reichte er seiner Gesprächspartnerin eines davon.

„Bitte machen Sie mir die Freude und stoßen mit mir auf diesen wundervollen Abend an“, sagte er mit einem freundlichen Lächeln. „Es kommt nicht oft vor, dass sich die Außen- und Innenwelt in einer so harmonischen Weise einander nähern.“ Katharina erwiderte unbefangen den Blick aus den im Lampionlicht geheimnisvoll schimmernden Augen. Spürte aber zugleich, wie eine Welle der Erregung heiß aus ihrem Bauch hochstieg, je länger sie in den bewundernden Blicken badete.

„Lassen Sie uns ein paar Schritte gehen“, unterbrach Hubert die knisternde Spannung und lud mit einer leichten Armbewegung dazu ein. Während sie nebeneinander den Weg unter den hohen Bäumen entlang schlenderten und begannen ein feines Netz von ersten Eindrücken zwischen den Gefühlsankern ihrer Herzen zu knüpfen, ging die Veranstaltung mit einer musikalischen Einlage weiter. Bald hatten sich ihre Hände gefunden und schwangen beim Gehen im Takt des Liebesthemas aus Romeo und Julia von Peter Tschaikowski, das vom Pavillon her, wie ein summender Nachtfalterschwarm, die Luft durchdrang. Als sie wieder beim Zuschauerplatz angekommen waren und sich etwas unschlüssig ansahen, begann Katharina mit flehender Stimme zu rezitieren: “Willst du schon gehen Romeo? Der Tag ist ja noch fern. Es war die Nachtigall und nicht die Lerche, die dein banges Ohr durchdrang? Hubert sah sie für einen Moment erstaunt an fuhr aber dann mit leicht erhobener Stimme fort: „Nein Julia, die Lerche war’s, die Tagverkünderin, nicht Philomele; sieh den neid’schen Streif, der dort im Ost der Frühe Wolken säumt. Die Nacht hat ihre Kerzen ausgebrannt, der muntre Tag erklimmt die dunstigen Höhn.“

Nach einem langen ernsten Blick küsste er galant ihre Hand und verabschiedete sich mit den Worten: „Es war ein außergewöhnliches Erlebnis Sie kennen lernen zu dürfen. Wenn Sie Mal wieder Lust haben Shakespeare zu geben, dann lassen Sie einfach etwas von sich hören.“ Noch bevor Katharina antworten konnte, drehte er sich um und verschwand mit schnellen Schritten im Dunkel des Parks. Während sie noch überlegte, ob der leichte Schwindel, der sie erfasst hatte, von dem gerade Erlebten oder dem Glas Freixenet herrührte, holte sie der Ruf ihrer Schwester wieder in die Realität zurück: „Wo warst du denn die ganze Zeit und wer war der Mann, in dessen Begleitung ich dich gerade noch gesehen habe?“

„Keine Sorge Schwesterherz“, erwiderte sie mit einem verträumten Lächeln, „es war nur die Muse, die mich ein wenig durch die romantische Nacht hat schweben lassen.“

 

Es dauerte mehr als drei Monate, bis an einem sonnigen Septembernachmittag die Glocke an Huberts Haustüre schellte. Als er öffnete und in die dunklen Augen seiner Sehnsucht blickte, war es wie das Aufgehen der Sonne über einem traumgefangen Land. Ohne Worte fielen sie sich in die Arme und küssten sich in eine Welt jenseits von Konventionen und Tabus. Katharina fegte wie ein Wirbelwind durch Huberts reifen Obstgarten und hielt erst inne, als alle Früchte geerntet waren. So oft sie konnten trafen sie sich fortan heimlich und versuchten ihr Glück zu bewahren. Doch am 19. Oktober, Huberts 70. Geburtstag, schlug das Schicksal unbarmherzig zu. Ein Racheengel in Gestalt von Katharinas Vater, einem gestandenen Oberstudiendirektor, stand plötzlich vor Huberts Tür und entriss Katharina seinen Armen: „Wenn ich Sie noch einmal in der Nähe meiner Tochter antreffe, verklage ich sie wegen Verführung Minderjähriger“, drohte er mit sich überschlagender Stimme und zog das sich verzweifelt sträubende Mädchen aus seiner Welt.

 

Ein paar Tage später gelang es Katharina noch einmal der elterlichen Fürsorge zu entfliehen, bevor sie in der Obhut eines Internats verbannt werden sollte. Nun saßen die beiden ein letztes Mal dicht aneinandergedrängt und nahmen Abschied.

„Wenn du möchtest reiße ich von zu Hause aus und wir fliehen ins Ausland, wo uns niemand findet“, schluchzte Katharina mit tränenerstickter Stimme. „Nein, liebste Julia, wir sollten das Schicksal nicht noch mehr herausfordern“, antwortete Hubert, um Fassung ringend. „Beende deine Schulausbildung und lebe deine Jugend. Wenn Du erwachsen bist und mich dann immer noch begehrst, steht dir meine Welt jederzeit offen. Schau, dort oben auf dem Berg steht das Krankenhaus mit der Entbindungsstation und hier unten im Tal liegen die Gräber im friedlichen Schlaf. Dazwischen liegt das Leben. Wir könnten davon nur den Anfang und das Ende miteinander verbringen, das Dazwischen würden wir nie erleben. Deshalb nimm dir die Zeit, damit du es nicht bereust.“

Als die Sonne hinter den Baumwipfeln versank, erlosch auch das Licht der Liebe für die Beiden. Katharina war von der Weigerung Huberts mit ihr zu fliehen so enttäuscht, dass sie lange Zeit alle Gefühle aus ihrem Herzen verbannte. Hubert selbst hasste sich für sein Zaudern und vergrub sich vollständig in seiner lyrischen Arbeit. 

 

Vier lange Jahre waren ins Land gegangen, bis Katharina die Pforten des Ursulinen Gymnasiums im fernen Straubing endgültig hinter sich lassen konnte. Oft hatte sie die Versuchung geplagt mit Hubert in Kontakt zu treten, was wäre schon dabei gewesen ihm einen Brief zu schreiben oder einfach anzurufen. Doch immer wieder sagte sie sich: Warte bis du wirklich frei bist und über dein Leben selbst entscheiden kannst. An einem für die Jahreszeit ungewöhnlich kühlen Augusttag machte sie sich schließlich auf und ging zu seinem Haus. Ein leichter Nieselregen wehte durch die kleine Vorortstraße und überzog die Bäume und Sträucher in den Gärten mit einem unwirklich glänzenden Hauch von Frieden. Als sie auf den Klingelknopf drückte, pochte ihr Herz fast unerträglich laut in ihren Schläfen. Es dauerte einige Zeit bis die Tür geöffnet wurde und eine ältere Dame freundlich nach ihrem Wunsch fragte. „Sie müssen Katharina sein“, sagte sie urplötzlich, bevor sich ihre Besucherin äußern konnte. „Bitte kommen Sie herein, Hubert hat mir etwas für Sie gegeben bevor er uns verlassen hat.“

„Verlassen?“, fragte Katharina und das Blut in ihren Adern schien zu gefrieren, „Sie wollen doch damit nicht sagen, dass er ist gestorben ist?“ Der mitleidvolle Ausdruck in den Augen ihres Gegenübers sprach Bände. „Er ist vor einem halben Jahr von uns geschieden und hat mir ein Geschenk für Sie dagelassen. Katharina nahm das kleine, in hellbraunes Papier gewickelte Päckchen zögernd entgegen und stand hilflos im Flur. Nach Minuten lähmenden Schweigens sagte die Frau schließlich: „Ich trauere auch um ihn. Wir waren fast zwanzig Jahre mit einander verheiratet bis wir uns als Freunde getrennt hatten. Ihre Liebe hat ihm sehr viel bedeutet und ihm bis zum Ende Kraft gegeben. Wenn Sie ihn besuchen wollen, sein Grab liegt im Waldfriedhof unter hohen Bäumen, so wie er es sich gewünscht hat.“

Katharinas Füße fanden den Weg zu der alten Grabanlage fast automatisch, denn hier war sie oft mit Hubert gewesen und hatte Zuflucht vor den spitzen Blicken der Gesellschaft gesucht. Als sie vor dem schwarzen Stein mit den goldenen Lettern seines Namens stand, wickelte sie das Päckchen aus und hielt einen kleinen Gedichtband in ihrer Hand. Königskinder, lautete der Titel und auf der ersten Seite stand in Huberts unverkennbar markanter Schrift: Für Katharina, die Königin meines Herzens bis zum Ende der Tage. Leise fielen Tropfen endloser Wehmut auf das weiße Papier und schufen kleine Trauerseen auf dem Vermächtnis ihrer Liebe.

 

 

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